Wieso heißt eine Realschule in einem nördlichen Stadtviertel Münchens nach einem Baumeister, heute sagt man Architekt, der in der Zeit des Barock und Rokoko gelebt und gearbeitet hat? Die Schule steht in einem Viertel mit Häusern, die im 20. Jahrhundert erbaut wurden!
Das Viertel, an dessen äußerem nördlichen Rand das Schulgebäude 1955 gebaut wurde, war nach dem zweiten Weltkrieg überwiegend von Flüchtlingen aus Schlesien (liegt im heutigen Polen) besiedelt worden. Und so wollte man die damaligen Neu-Münchner ehren, indem man die neue Realschule, die 1968 in das moderne Gebäude einzog, nach einem berühmten Schlesier benannte, nämlich nach Balthasar Neumann.
Balthasar Neumann hätte sich wohl sehr über die Namensgebung gefreut, denn einige Gestaltungselemente unseres Gebäudes finden sich auch in den Stilrichtungen seiner Zeit wieder: Farbenpracht sowie ein großzügiges und repräsentatives Raumkonzept.
Den Anspruch des Stadtbauamtes an ein Schulgebäude, das dem Unterricht genauso dienen sollte wie kulturellen Veranstaltungen, erfüllte der Entwurf des Architekten-Ehepaars Adolf und Helga Schnierle am besten. Und so entstand erstmals in München eine Hallenschule mit einer Aula, deren Maße mit 35 m Länge, 17 m Breite und 11 m Höhe durchaus beeindruckend war und ist!
Verstärkt wird dieser Eindruck noch durch die Glasfront, die sich im Osten der Aula vom Boden bis zur Decke erstreckt und den Blick in unseren schönen Schulpark frei gibt. Egal, ob man im Sommer ins Grüne schaut oder an einem Wintermorgen den Sonnenaufgang verfolgt: dieser Blick ist einzigartig!
Auch die freien Treppen in die Obergeschosse unterstützen die Leichtigkeit und Weite, die durch das große Fenster und die Höhe der Aula erzeugt wird.
Dass dieses Schulgebäude mit viel Liebe zum Detail geplant wurde, ist auch an den Türen und den Türfeldern zu sehen: der Maler Jacobus Reiser gestaltete die Türfelder unterschiedlich farbig und stellte dabei Szenen aus der Sagen- und Märchenwelt dar, die Türen selbst sind farblich passend zu den Umrandungen bemalt.
Auch unser kleiner Schulpark wurde liebevoll angelegt:1955 wurden am Tag des Baumes die Neupflanzungen rund um die Schule gemeinsam mit den Schulkindern des Bezirks vorgenommen. Und: damals gab es keine Umzäunung des Schulgeländes!
Ein so liebevoll ausgestattetes und einzigartiges Objekt wie diese Hallenschule muss in seiner Gesamtheit erhalten bleiben! Und so beantragte die Architektin Frau Schnierle relativ bald, das Ensemble unter Denkmalschutz zu stellen. Aber nicht nur die Gebäude unterstehen dem Schutz, sondern auch unser wunderschöner Schulpark. Unsere Schülerinnen und Schüler können den Kaninchen und Eichhörnchen zusehen, auch viele verschiedene Vogelarten haben sich hier niedergelassen und abends können Igel beobachtet werden. Die vielfältige Flora des Geländes ergänzt die Naturnähe für unsere Schülerinnen und Schüler. Auch mehrere Bienenvölker – betreut von Lehrer/innen, die dafür das Imkern gelernt haben – sind auf dem Gelände zu Hause, im Sommer wird regelmäßig der Honig geerntet. So kommt das Gelände dem ursprünglichen Anspruch, Unterricht mit Kultur zu verbinden, immer noch nach: die Stadtkinder lernen in und mit der Natur.